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Politisches System der USA

Das Politische System der USA beschreibt die staatlichen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und deren Ergebnisse als Summe der Gesetze und Verordnungen in den Vereinigten Staaten von Amerika.


Die USA sind in 50 teilsouveräne Staaten aufgeteilt. Die Organisationsform des politischen Systems ist die des Bundesstaates. Es gibt somit zwei Regierungsebenen: die des Gesamtstaates, also der Bund, und die der Gliedstaaten, also die einzelnen Staaten der USA (siehe auch: Föderalismus).


Die Verfassung der USA sieht für den Bund als Regierungsform die präsidiale Demokratie vor. An der Spitze der Regierung steht der Präsident, der, vermittelt über Wahlmänner, von den amerikanischen Bürgern auf vier Jahre gewählt wird. Das Bundesparlament wird Kongress genannt und besitzt zwei Kammern. Das Repräsentantenhaus wird alle zwei Jahre gewählt. Die Anzahl der Abgeordneten pro Bundesstaat hängt im Repräsentantenhaus von der Einwohnerzahl des Staates ab. Im Senat wird alle zwei Jahre jeweils ein Drittel der Abgeordneten gewählt. Jeder Bundesstaat hat – unabhängig von seiner Größe – Anspruch auf zwei Senatoren. Die Verfassung versucht zwischen den Staatsorganen ein System der gegenseitigen Kontrolle zu etablieren (checks and balance). Über die Einhaltung der Verfassung wacht der Supreme Court.


Das Parteiensystem der USA wird von der Republikanischen Partei mit konservativer Ausrichtung und der Demokratischen Partei mit liberaldemokratischer Ausrichtung dominiert. Die beiden Parteien sind schwach strukturiert und organisiert. Lokale politische Themen dominieren die Programme der jeweiligen Wahlkreiskandidaten. Durch das Vorwahlensystem besitzen sie auch nicht ein Monopol bei der Kandidatenauswahl. Manche sprechen bezugnehmend auf die Parteien in der USA von Wahlvereinen. Bei den Wahlkämpfen in den USA fallen häufig sehr hohe Kosten an, Wahlkampfspenden und ihre Herkunft sind ein wichtiges Thema, wenn die Unabhängigkeit der Kandidaten und Amtsträger in den USA in Frage gestellt werden.


Für ein präsidiales Regierungsystem gilt das politische System der USA als ungewöhnlich stabil. Mit seinen über 200 Jahren demokratischer Tradition ist die USA eine der ältesten ununterbrochenen Demokratien der Welt. Übertroffen vielleicht nur von der konstitutionellen Monarchie in England, deren demokratische Komponente, das Parlament bestehend aus Ober- und Unterhaus, seit dem 17. Jahrhundert stetig an Macht hinzugewonnen hat. Wobei diese Entwicklung bereits mit der Magna Charta im 13. Jahrhundert begann.
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Verfassung der USA

Die Constitution of the United States besteht aus 7 Artikeln und 26 Ergänzungen (amendments). Sie war Resultat eines langewährenden Streits zwischen zwei republikanischen Fraktionen, die als „Federalists“ und „Anti-Federalists“ in die Geschichte eingegangen sind.

Nach der Unabhängigkeitserklärung von 1776 wurden 1777 die „Articles of Confederation“ als Vorläufer der heute geltenden amerikanischen Constitution angenommen. Diese Verfassung zeigte den starken Selbstbehauptungswillen der 13 Gründungsstaaten, die sich in ihr nur zu einem Staatenbund zusammenschlossen. Zwar gab es einen gemeinsamen Kongress, der das Recht hatte, über Krieg und Frieden zu entscheiden, Steuern und Gesetze wurden aber in jedem Staat einzeln erhoben und durch ein kompliziertes Umlageverfahren teilweise mit dem Zentrum geteilt. Diese Praxis bereitete umfassende wirtschaftliche Probleme, die durch den Krieg mit England noch verstärkt wurden. Insofern entschlossen sich die Verfassungsväter zu einer Verfassungsrevision.


Die amerikanische Bundesverfassung wurde in ihrer endgültigen Fassung 1787 in Philadelphia angenommen. Neben ihrer wohl bemerkenswertesten Eigenschaft - dass sie die erste demokratische Verfassung überhaupt war und bis heute ist - generierte vor allem der Widerstreit zwischen Zentralstaats- und Konföderationsbefürwortern zwei zentrale Elemente, die umfassende Bedeutung für demokratische Staatswesen weltweit haben sollten: Grundrechte und den Föderalismus.


Die Verfassung von 1787 war ein Kompromiss zwischen beiden Gruppen. Während die einen sich nicht von einer übermächtigen Zentralgewalt bestimmen lassen wollten, sahen die anderen ihr Heil in einem zupackenden, zentralisierten Gemeinwesen. Um eine Einigung möglich zu machen, akzeptierten die Föderalisten eine zweite staatliche Ebene, die Bundesstaaten, wohingegen die Anti-Föderalisten die Zentralgewalt anerkannten. Zudem konnten sich die Anti-Föderalisten mit ihrer Forderung nach einem umfassenden Grundrechtskatalog durchsetzen, der Vorbild für viele andere Verfassungen weltweit wurde. Diese „Bill of Rights“ genannte Sammlung garantierter Rechte umfasst die ersten zehn Verfassungszusätze.
 

Einbringen der 10 Amendments („Bill of Rights“)

Die Angst vor einem übermächtigen Zentralstaat prägt auch die Verfassungsrealität bis heute, was in speziell amerikanischen Prinzipien zur Organisation der Machtverteilung zu erkennen ist. Die USA sind ein Präsidialsystem, dessen starke Exekutive durch ein System wechselseitiger Machtbe- und -verschränkung in Schach gehalten wird: die so genannte „Checks and Balances“. Zwar hält der Präsident durchaus umfassendere Vollmachten als zum Beispiel ein deutscher Bundeskanzler, allerdings ist seine Position durch strikte Gewaltentrennung von Legislative und Judikative getrennt. Speziell der amerikanische Kongress kann den Präsidenten durch Gesetze und Ausgabennichtbewilligung sanktionieren. Entgegen dem Prinzip in parlamentarischen Demokratien können sich beide Institutionen gegenseitig nicht auflösen. Damit wurden die USA zu einem der stabilsten Systeme weltweit. Regierungskrisen, die in vielen europäischen Staaten fast zur Tagesordnung gehören, sind in den USA weithin unbekannt.
 

Grundwerte

Das politische und rechtliche System der USA ist von einigen Grundüberzeugungen tiefgehend geprägt.

 

Religion

In den USA herrscht Religionsfreiheit. Die Mehrheit der US-Amerikaner sind Christen, so dass die gesetzlichen Feiertage wie in Europa der christlich-abendländischen Kultur entspringen (Weihnachten, Erntedank-Fest).

Trotz der Religionsfreiheit und der eigentlichen Trennung von Staat und Kirche ist die Politik von christlichen Werten beeinflusst. So enden die Reden des Präsidenten mit den Worten „God bless you“ (dt: Gott segne dich). Das Motto der Union ist „In God We Trust“. Es erscheint im Staatsemblem sowie auf Münzen und Geldscheinen.

In den verschiedenen Staaten, die die Hoheit über ihr Bildungssystem besitzen, gibt es auch unterschiedlichen Einfluss der Bibel im Schulsystem. So wird in manchen Staaten der USA die Evolutionstheorie nicht mehr unterrichtet, da sie der biblischen Schöpfungsgeschichte widerspricht.

 

Vertrauen auf die Marktwirtschaft

Im Gegensatz etwa zu manchen Strömungen in europäischen Staaten herrscht in den USA die weitverbreitete Überzeugung, dass der Markt sich selber regeln kann und staatliche Eingriffe deshalb kontraproduktiv wären.

Meinungsfreiheit

Zur Idee des Liberalismus gehört in den USA die Überzeugung, dass man niemandem verbieten sollte, seine Meinung zu sagen. Diese Auffassung gehört auch als Anhang zur amerikanischen Verfassung und ist von den Gerichten stets anerkannt worden.

Vor allem in den letzten Jahren wurde die Meinungsfreiheit jedoch radikal beschnitten:

  • Seit dem Digital Millennium Copyright Act steht die Veröffentlichung von Methoden zur Umgehung eines Copyrights unter Strafe. Kritiker sprechen deshalb auch von Zensur.
  • Die Benutzung von Schimpfwörtern, die Darstellung von Nacktheit oder andere vorgeblich jugendgefährdende Darbietungen im Rundfunk, Fernsehen und Kinos sind stark reglementiert. Dies trifft jedoch nur auf die terrestrische Übertragung zu, wo die FCC die Autorität hat, entsprechende Normen zu erlassen. Im Kabel- und Satellitenfernsehen, und insbesondere im Pay-TV ist die Darstellung bedeutend freizügiger.

Große Kritik und schwere Strafen wurden gegen den terrestrischen Fernsehsender CBS erhoben, der während der Viertelpause des Finalspiels um die Super Bowl ungeplant für einige Sekunden den nackten Busen von Janet Jackson zeigte (siehe auch: Nipplegate). Inzwischen wurden auch zahlreiche terrestrische Radiosender wegen des Senden von Schimpfwörtern zu Strafen in Millionenhöhe verurteilt. Zahlreiche Sender setzen deshalb auf "Zensurmaschinen", die ein zeitverzögertes Senden von Live-Sendungen ermöglichen.


Im Gegenzug jedoch werden Organisationen wie Scientology oder Nationalsozialistische Vereinigungen und Symbole nicht verboten. Auch herrscht auf diesen Gebieten mehr Redefreiheit, die beispielsweise in Deutschland diesbezüglich stark beschnitten ist, teilweise sogar bestraft wird.
 

Angst vor einem zu starken Staat

Zahlreiche Regelungen in den USA sind von der Überzeugung geprägt, dass die Bürger vor einem zu mächtigen Staat geschützt werden müssen. Dazu zählt auch der zweite Verfassungszusatz (mit Grundrechtscharakter), der jedem Bürger den Besitz von Waffen weitestgehend ohne Einschränkungen erlaubt. Dadurch sollen sich die Bürger notfalls auch mit Waffengewalt gegen einen diktatorischen Staat verteidigen können. Nach neuesten Gesetzesänderungen müssen sämtliche Unterlagen über den Verkauf von Waffen nach spätestens 24 Stunden vernichtet werden, damit der Staat keine Kenntnis davon bekommen kann, wer welche Waffen besitzt.

Speziell nach dem 11. September wurde jedoch auch diese Theorie relativ schnell und weitgehend ohne öffentliche Diskussion revidiert, und die Bundesbehörden wie FBI, CIA und das Heimatschutzministerium haben zahlreiche Sonderrechte, um gegen mutmaßliche Terroristen vorzugehen.

Die bundesstaatliche Exekutive

 

Präsident

Der Präsident der USA gilt als das Machtzentrum im politischen System. Seine Position ist durchaus eine andere als die Stellung eines Premierministers oder Kanzlers in parlamentarischen Demokratien. So bildet der amerikanische Präsident eine einheitliche Exekutive, in der er die Funktion des Staatsoberhaupts mit der des Regierungschefs verknüpft, aber keinesfalls Mitglied der Legislative sein darf. In parlamentarischen Demokratien hingegen ist die Exekutive meist geteilt (bspw. Bundespräsident als Staatsoberhaupt, Bundeskanzler als Regierungschef) und in das Parlament eingebettet.

Diese relativ umfassenden Vollmachten werden durch ein umfassendes System an Machtkontroll- und Machtverschränkungsmechanismen (Checks and Balances) ausbalanciert. Zentral dabei ist die Stellung zwischen US-Präsident und Kongress. Anders als in parlamentarischen Demokratien geht die Exekutive nicht aus dem Parlament hervor, sondern befindet sich in einer operativen Gegnerschaft zum Parlament. So hat der US-Präsident keine formalen Initiativrechte im Gesetzgebungsprozess. Stattdessen manifestiert sich der innenpolitische „Erfolg“ eines Präsidenten durch seine Fähigkeit, den Kongress in Gesetzesfragen informell auf seine Linie zu bringen, zum Beispiel durch die „State of the Union Address“. Gesetzesvorlagen des Kongresses kann der Präsident jedoch durch sein Veto kippen, sofern er nicht durch eine 2/3-Mehrheit beider Kammern überstimmt wird.

Neben diesen Erscheinungsformen des Präsidenten als Staatsorgan ist er der Chef der amerikanischen Exekutive und bestimmt mit Zustimmung des Senats die Minister (secretaries). Er ist zudem Oberbefehlshaber der Streitkräfte, die Befugnis Kriege zu erklären oder zu beenden liegt jedoch untypischerweise nicht beim Staatsoberhaupt, sondern beim Kongress. Der Präsident kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen und unter parlamentarischer Kontrolle Einsätze des Militärs anordnen und hat Zugriff auf die Atomstreitmacht der USA. Darüber hinaus ist der Präsident der oberste Diplomat seines Landes. Botschafter und internationale Verträge müssen allerdings vom Senat bestätigt werden

Die Wahl zum US-Präsidenten weist ebenfalls deutliche Unterschiede zur üblichen Praxis in parlamentarischen Systemen auf. Formale Voraussetzung für das höchste Amt im Staat hat jeder gebürtige Amerikaner, der mindestens 35 Jahre alt ist und seinen ständigen Wohnsitz seit 14 Jahren in den USA hat. Da es in den USA keine stehenden Parteistrukturen wie zum Beispiel in Deutschland gibt, erfolgt die Nominierung geeigneter Kandidaten über Vorwahlen, so genannte Primaries. In diesen offenen oder geschlossenen Vorwahlen wählen die Bürger der einzelnen Bundesstaaten ihren Favoriten unter mehreren Alternativen. Der Gewinner der Vorwahlen wird dann durch die Delegierten der „National Conventions“, einer Art Parteitag, zum Präsidentschaftskandidat einer betreffenden Partei gekürt. Der eigentliche Wahlkampf fordert von den Kandidaten immer noch einen umfassenden Einsatz von eigenen Mitteln, die aber neben Spenden durch ein seit den 1970ern existentes Prinzip staatlicher Wahlkampfhilfen erweitert werden.

 

Vizepräsident

Der amerikanische Vizepräsident hat zwei Funktionen: er ist Stellvertreter des Präsidenten, falls dieser amtsunfähig ist oder stirbt. Zudem ist er der Vorsitzende des Senats, wo er zwar kein Stimmrecht hat, aber bei Stimmenpatt den Ausschlag geben kann. Darüber hinaus ist der Vizepräsident faktisches Mitglied der Exekutive und übernimmt zeremonielle Aufgaben.

Die Secretaries

Einen weiteren Unterschied zu parlamentarischen Demokratien bildet die Stellung der Sekretäre, die dem US-Präsidenten zugeordnet sind. Anders als beispielsweise in der BRD ist in ihnen formal keine Ministerposition zu sehen. Stattdessen haben sogar einflussreiche Secretaries (wie zum Beispiel Henry Kissinger) nur Berater-Rang und werden mit keinem Wort in der US-Verfassung erwähnt.

Executive Office of the President

Executive Office of the President - Übersicht

Das Executive Office ist dem Präsidenten unmittelbar unterstellt und besteht aus verschiedenen selbstständigen Einheiten:

  • White House Office: umfasst unter anderem die persönl. Assistenten und Berater des Präs. und den Personalchef (Chief of Staff)
  • Office of Management and Budget: verantwortlich vor allem für den Bundeshaushalt
  • Nationaler Sicherheitsrat (National Security Council) und Nationaler Sicherheitsberater: fungiert als zentrale Instanz außenpolitischer Entscheidungsprozesse.

Ihm gehören neben dem Präsidenten und Vizepräsidenten auch der Außen- und Verteidigungsminister sowie die Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs der Streitkräfte, die Direktoren des Amtes für Notstandsplanung und des CIA an.

Die bundesstaatliche Legislative

Der US-Kongress

Der US-Kongress versteht sich nicht als Parlament im klassischen Sinne, sondern als oberste Gesetzgebungsinstanz. Als Kongress bezeichnet man dabei das amerikanische Zweikammersystem, das aus Senat und Repräsentantenhaus („House“) besteht. Beide Kammern gemeinsam tragen den Gesetzgebungsprozess und verfügen über die äußerst umfassende Macht der Ausgabenbewilligung. Darüber hinaus muss der Kongress beim Abschluss von Verträgen mit ausländischen Mächten befragt werden; er hat die formelle Macht, Kriege zu erklären, Bundesbeamte, Richter, Kabinettsmitglieder und den Präsidenten wegen Vergehen zu belangen („Impeachment“), und er hat das Recht Verhöre durchzuführen und entsprechende Unterlagen anzufordern. Damit stellen beide Häuser ein wirkungsvolles Gegengewicht zum Präsidenten dar, dessen Erfolg daran gemessen wird, wie fähig er ist, den Kongress auf „seine Linie“ zu bringen. Fraktionsdisziplin nach deutschem Vorbild existiert in den USA nicht. Senatoren und Abgeordnete verstehen sich weitgehend als Vertreter ihrer legislativen Funktion und durchaus als Gegengewicht zum Präsidenten - dabei ist es eher Regel als Ausnahme, dass Republikaner und Demokraten gemeinsam abstimmen.


Entgegen der Praxis in parlamentarischen Regierungssystemen hat der Kongress kein Selbstauflösungsrecht, er kann nicht vom Präsidenten aufgelöst werden oder diesem sein Misstrauen aussprechen. Zudem darf kein Mitglied der Legislative ein Amt in der Exekutive oder Judikative besetzen.
 

Das Repräsentantenhaus („House of Representatives“)

Das Repräsentantenhaus ist die legislative Willensvertretung aller Amerikaner, die noch am ehesten dem deutschen Bundestag entspricht. Gewählt werden Vertreter aus allen Bundesstaaten, aus dem District of Columbia und exterritorialen Gebietskörperschaften (ohne Stimmrecht im Plenum) entsprechend eines Proporzprinzips. Das heißt: alle 10 Jahre wird neu ermittelt, wie viele Abgeordnete in jedem Bundesstaat für zwei Jahre zu wählen sind. Derzeit sind es 435 House-Mitglieder. Abgeordnete müssen mindestens 25 Jahre alt sein, seit sieben Jahren die US-Staatsbürgerschaft besitzen und ihren Wohnsitz in dem Staat haben, der sie bestellt hat. In der Bewilligung von Gesetzen ist das Repräsentantenhaus mit dem Senat gleichberechtigt, außer bei Haushaltsvorlagen, in denen das Repräsentantenhaus Initiativrecht genießt.

Der Senat

Der Senat bildet die legislative Vertretung der amerikanischen Einzelstaaten auf Bundesebene. Anders als bei der Zusammensetzung des Repräsentantenhauses entsenden alle Bundesstaaten (also nicht der District of Columbia) gleich viele Senatoren, nämlich zwei. Diese werden auf sechs Jahre ebenfalls direkt vom Volk gewählt, wobei alle zwei Jahre 1/3 der Senatoren ausgetauscht wird. Der Senat ist in Gesetzesfragen mit dem Repräsentantenhaus weitgehend gleichberechtigt, allerdings muss er bei der Bestellung von Ministern, Bundesrichtern, Botschaftern und anderen hohen Staatsbeamten zustimmen und er entscheidet nach einer Anklage des Repräsentantenhauses unter Vorsitz des obersten Bundesrichters über Impeachment-Fälle. Ein Unikum des politischen Systems der USA bildet die Tatsache, dass der US-Vizepräsident Senatsvorsitzender ist. Zwar hat er kein Stimmrecht (außer bei Abstimmungspatt), allerdings unterläuft diese Doppelfunktion faktisch die strikt durchgehaltene Trennung aller Organe der Exekutive und der Legislative. Ihm zur Seite steht ein aus dem Senat gewählter „President pro tempore“, der als sein Vize agiert.

 

Die bundesstaatliche Judikative

Der US Supreme Court ist das höchste Bundesgericht und gleichzeitig das einzige Judikativorgan, das in der Verfassung erwähnt ist. Ihm stehen derzeit neun Richter vor die auf Vorschlag des Präsidenten vom Senat bestätigt werden und dann weitgehend auf Lebenszeit eingesetzt werden. Der US Supreme Court hat keinen formal geregelten Normenkontrollauftrag für die US-Verfassung, übt diesen aber faktisch kraft gewachsenem Richterrecht aus (judicial review). Dabei umfasst seine Tätigkeit - anders als zum Beispiel in Deutschland - nicht die abstrakte Normenkontrolle, sondern nur die Verfassungsmäßigkeit konkreter Fälle, die über 13 Berufungsgerichte an ihn verwiesen werden. Er verhandelt auch Fälle der Präsidentenanklage. Der Supreme Court ist in zentralen bundesstaatlichen Fragen die erste juristische Anlaufstelle, unter anderembei rechtlichen Konflikten mit ausländischen Konsuln oder im Seerecht.

 

Politische Partizipation: Wahlen, Parteien und Verbände

In allen Fragen, die politische Partizipation betreffen, kann man Amerika mit Fug und Recht als Mutterland des Pluralismus bezeichnen. Dieser Idee liegt die These zugrunde, dass sich gesellschaftliche Interessen selbst organisieren und dass sie nicht gesteuert werden müssen oder sollen. Vielmehr setzt sich das stärkste Interesse im Wettbewerb mit anderen als dominant durch, wodurch dem Allgemeinwohl am besten gedient sei.

Parteien im amerikanischen System

Diese Einsicht lässt sich gut im amerikanischen Parteisystem und im Wahlrecht nachverfolgen. Was Deutsche als Parteiensystem begreifen, ist in den USA weitgehend unbekannt. Die beiden großen Parteien, die Republikaner und die Demokraten haben kaum stehende Parteistrukturen, keinen Auftrag zur Willensbildung und treten überregional eigentlich nur in den Präsidentschaftswahlen auf.


Während deutschen Parteien eine Vielzahl an grundgesetzlich fixierten Aufgaben zukommt, liegt die Hauptaufgabe von Demokraten und Republikanern in ihrer Rekrutierungsfunktion. Anders als in parlamentarischen Systemen existiert dabei jedoch keine klassische Parteimitgliedschaft, durch die man Beiträge zahlen muss oder sich auf Ortsebene nach oben durcharbeitet. Vielmehr ist man Gesinnungsdemokrat oder Gesinnungsrepublikaner, indem man sich zu den eher staatsinterventionistischen Zielen der Demokraten oder eher zu den wirtschaftsliberalen Zielen der Republikaner bekennt, indem man für oder gegen Abtreibung, Todesstrafe, usw. ist.
 

Präsidentschaftswahlen

Das Titelblatt des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zur US-Präsidentschaftswahl 2004

Als einer der wenigen halboffiziellen Akte, durch den man sich zu einer Partei bekennt, kann die Registrierung zu den Vorwahlen und Spenden an eine Partei oder einen Kandidaten gewertet werden. Das US-System kennt keine Landeslisten bei den Präsidentschaftswahlen, da es kein parlamentarisches System ist. Will ein Amerikaner als Präsidentschaftskandidat kandidieren, kann er entweder als unabhängige Einzelperson oder als Vertreter einer Partei sich registrieren lassen. Letzteres hat den Vorteil, dass man mehr Unterstützung und mehr Gelder erhält.

Stehen mehrere Kandidaten fest, beginnen die Vorwahlen („Primaries“). Hierbei wählen die einzelnen Bundesstaaten ihre Favoriten unter den Kandidaten der Parteien. Man unterscheidet dabei zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Vorwahlen. Während man sich in geschlossenen Vorwahlen als Wähler einer Partei registrieren lassen muss, können in einigen Bundesstaaten theoretisch alle Wähler über den Präsidentschaftskandidaten zum Beispiel der Demokraten abstimmen. Jeder Bundesstaat schickt dann im Sommer eines Wahljahres eine Delegation zu den so genannte „National Conventions“ - einer Art Parteitag - auf denen die Kandidaten gekürt werden. Formal müssen die Wahlmänner nicht den Kandidaten wählen, den die Mehrheit der Wähler ihres Staates gewählt haben. Allerdings haben die erst Mitte des 20. Jahrhunderts eingeführten Vorwahlen erheblich zur Entmachtung der Parteien beigetragen, weil auch bisher unbekannte, aber charismatische Parteien durch Erfolgsstories in den Vorwahlen riesige Zustimmungswerte landesweit generieren konnten.

Die heiße Phase der Präsidentschaft beginnt im August und geht bis November. Die landesweiten Wahlen finden immer „in einem durch 4 ohne Rest teilbarem Jahr, am ersten Dienstag, der auf den ersten Montag im November folgt“ statt und dazwischen passiert einiges. Als erstes wären da die Schlachten um Spenden, Unterstützer und der eigentliche Hauptwahlkampf zu nennen. Anders als in Deutschland sind Parteien als Institutionen im Wahlkampf nicht die wichtigsten Faktoren. Vielmehr konzentrieren Hauptwahlkämpfe umfassende gesellschaftliche Kräfte - vor allem die so genannte PACs („Political Action Committees“), die in den USA das Wahlkampfmanagement, die Spendenverteilung und die Unterstützung von Kandidaten und Parteien übernehmen. PACs sind Gruppen aus dem gesellschaftlichen Umfeld, die von einem Individuum, von Unternehmen, Parteien, Lobbygruppen oder ganz anderen Strukturen ins Leben gerufen wurden. Da in den USA jeder für jeden Kandidaten werben darf, erfolgt auf diesem Wege der Großteil der Wahlkampfunterstützung. Da seit der Einführung öffentlicher Wahlkampfunterstützung eigentlich große Spenden an Kandidaten untersagt sind, kommt den PACs noch eine weitere zentrale Aufgabe zu: das Spendensammeln. Denn nur über den Umweg eines PACs können Spenden ohne Größenbegrenzungen an eine Partei und an einen Kandidaten weitergeleitet werden. Da auch Unternehmen und Gewerkschaften entsprechende Gruppierungen aufbauen können, wird so Wahlkampfhilfe meist an mehrere Kandidaten gleichzeitig geleistet.

Die US-Verfassung sieht keine direkte Wahl des Präsidenten durch das Volk vor. Stattdessen wählen die US-Bürger Wahlmänner (Electors), die wiederum ihrerseits den Präsidenten und den Vizepräsidenten wählen. Die Anzahl der Wahlmänner pro Bundesstaat entspricht dabei der Anzahl der Kongressabgeordneten des Staates. Jeder Staat darf demnach mindestens 3 Wahlmänner entsenden, da jeder Staat zwei Senatoren und mindestens einen Abgeordneten zum Repräsentantenhaus entsendet. Ursprünglicher Grund für die indirekte Wahl des Präsidenten durch Wahlmänner waren nicht nur die Entfernungen zwischen den ursprünglich 13 Staaten der USA, sondern auch die Befürchtung der Verfassungsautoren, dass die Bevölkerung eines Bundesstaates einem Kandidaten aus ihrem Staat bevorzugen würde. Somit hätten bevölkerungsreiche Bundesstaaten einen großen Vorteil bei der Wahl des Präsidenten. Seit dem 23. Ammendment können auch Einwohner des District of Columbia bei den Präsidentschaftswahlen teilnehmen. Zuvor war ihnen dies verwehrt, da dieses Gebiet vom Kongress selbst verwaltet wird und deshalb kein US-Bundesstaat ist. Bei den Präsidentschaftswahlen entsendet der District of Columbia 3 Wahlmänner.

Die Verfassung überlässt es den einzelnen Bundesstaaten, auf welche Weise die Wahlmänner bestellt werden. Zu Beginn wurden die Wahlmänner zum Teil durch direkte Volkswahl gewählt, zum Teil von der Legislative eines Bundesstaates bestellt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich jedoch in allen Bundesstaaten die Volkswahl der Wahlmänner durchgesetzt, als letzter Staat führte 1860 South Carolina die Volkswahl ein. Gemeinsam mit dieser Tendenz zur Volkswahl entwickelte sich das Prinzip the Winner takes it all. Dabei entsendet die Partei, die in einem Staat die relative Mehrheit erreicht, alle Wahlmänner des Staates. Maximal 51 % der Stimmen reichen demnach für 100 % der Wahlmännerstimmen eines Staates. Da die Staaten die Wahlordnung bestimmten, gibt es allerdings auch Ausnahmen von dieser Regel: Maine und Nebraska unterteilen den Staat in Wahlkreise, der Wahlmann mit der relativen Mehrheit des Wahlkreises gilt als gewählt. Dadurch ist es auch möglich, dass Wahlmänner aus verschiedenen Parteien gewählt werden. Anlässlich der US-Präsidentschaftswahlen 2004 gab es auch in Colorado eine Volksabstimmung, dieses System einzuführen, diese scheiterte jedoch.
 

Laut Verfassung treten die Wahlmänner am zweiten Mittwoch im Dezember zusammen und wählen den Präsidenten und den Vizepräsidenten. Die Wahlen finden dabei für jeden Bundesstaat getrennt statt, die Schöpfer der US-Verfassung wollten damit Korruption und Händel verhindern. Die Elektoren geben je eine Stimme für einen Präsidenten und eine für einen Vizepräsidenten ab. Entweder Präsident oder Vizepräsident müssen dabei aus einem anderen Staat stammen als die Wahlmänner. Sieger der Wahl ist jeweils der Kandidat, der die absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen auf sich vereint. Sollte keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten zustande kommen, so wählt das US-Repräsentantenhaus als Kammer, die dem Volk am nächsten ist den Präsidenten, der Senat den Vizepräsidenten. Dabei wählen sie jeweils aus den fünf Kandidaten aus, die am meisten Stimmen auf sich vereinen konnten. Kommt im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten zustande, so erfolgt eine Stichwahl zwischen den beim ersten Wahlgang führenden Kandidaten. Amtseinführung des neuen Präsidenten ist im Folgejahr am 20. Januar.

Die Wahlmänner sind formell nicht an das Votum des Wählers gebunden. Sogenannte unfaithful Electors (treulose Wahlmänner) treten tatsächlich manchmal auf, allerdings meist in Fällen, in denen ein eindeutiges Votum bereits deutlich absehbar ist. 1836 konnte allerdings Richard Johnson, der Vizepräsidentschaftskandidat von Martin Van Buren nicht die erforderliche absolute Mehrheit an Wahlmännern für sich verbuchen. Gemäß Verfassung ging die Entscheidung daraufhin an den US-Senat, der dann trotzdem Johnson wählte.


Die Wahl des Vizepräsidenten wurde mit dem 12. Amendment zur US-Verfassung geändert. Zuvor gaben die Wahlmänner zwei Stimmen für einen Präsidentschaftskandidaten ab, wobei ein Kandidat nicht aus dem Heimatstaat des Wahlmanns stammen durfte. Dadurch sollte das Ungleichgewicht der bevölkerungsreichen Bundesstaaten gedämpft werden. Der Kandidat mit den meisten Stimmen wurde daraufhin Präsident, derjenige mit den zweitmeisten Stimmen Vizepräsident. Dieses System wurde ursprünglich für ein politisches System ohne Parteien entworfen. Als sich jedoch Parteien herausbildeten, führte dies dazu, dass Präsident und Vizepräsident aus verschiedenen Parteien stammten und gegeneinander arbeiteten. Nachdem bei den Wahlen 1800 ein Patt zwischen den beiden erstplatzierten Kandidaten Thomas Jefferson und Aaron Burr entstand, wählte das Repräsentantenhaus erst nach 36 Wahlgängen Jefferson zum Präsidenten. Um derartige Vorgänge künftig zu verhindern, wurde daraufhin das 12. Amendment erlassen.
 

Die indirekte Wahl des Präsidenten über Wahlmänner ist umstritten. Wesentliche Kritikpunkte sind vor allem die Verteilung der Wahlmännerstimmen, die nicht genau der Bevölkerungsverteilung entspricht. Da ein Staat immer zwei Stimmen mehr als die Anzahl der Abgeordneten zum Repräsentantenhaus hat, führt dies zu einer Übergewichtung bevölkerungsarmer Staaten. Zur Wahl 1988 hatten etwa die sieben bevölkerungsärmsten Bundesstaaten (Alaska, Delaware, District of Columbia, North Dakota, South Dakota, Vermont und Wyoming) mit insgesamt 3.119.000 Wahlberechtigten 21 Wahlmännerstimmen, genauso viel wie Florida mit 9614000 Wahlberechtigten. Dadurch und durch das Prinzip des The winner takes it all ist es möglich, dass ein Kandidat zum Präsidenten gewählt wird, der nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Tatsächlich trat ein solcher Fall bereits 1824 (John Q. Adams) und 2000 (George W. Bush) ein. Der Fall, dass ein Kandidat gewählt wurde, der lediglich die relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielt, trat ebenfalls schon 15 Male ein, im 20. Jahrhundert unter anderem bei John F. Kennedy 1960, Richard Nixon 1968 und Bill Clinton 1992 und 1996.


Von den Befürwortern wird dagegen ins Feld geführt, dass das Wahlsystem ursprünglich nicht dazu gedacht war, allein die Mehrheit in der Bevölkerung zu repräsentieren. Stattdessen sei das indirekte Wahlsystem ein Kompromiss, durch den gewährleistet werde, dass nur Kandidaten gewählt werden, die sich sowohl auf eine ausreichende Unterstützung in der Bevölkerung als auch auf eine möglichst breite Grundlage in verschiedenen Staaten berufen können. Dadurch würden die Rechte von Minderheiten stärker berücksichtigt.


Der eigentliche Urnengang zur Präsidentschaftswahl läuft über Wahlmänner und ist nicht ganz frei von Komplikationen, wie die Wahl 2000 gezeigt hat. In den USA kennt man nur das Mehrheitswahlrecht - die einzelnen Bundesstaaten wählen dabei nicht direkt den Präsidenten, sondern eine mittelbare Instanz an Wahlmännern (Electors), die in ihrem Namen die Stimme für einen der Kandidaten gibt. Jeder Bundesstaat stellt dabei so viele Wahlmänner, wie er Senatoren und Abgeordnete stellt. Fazit dieses Prozederes: 51 % der Stimmen eines Staates reichen für 100 % der Wahlmännerstimmen. So kommt es auch, dass George W. Bush die Wahlen von 2000 offensichtlich gewonnen hat (was aber auch umstritten ist), obwohl weniger als die Hälfte der US-Wähler für ihn gestimmt hat.
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Verbände

In kaum einem Element des US-Systems wird der organisierte Pluralismus so deutlich wie in der Aufstellung des Verbändewesens. Ebenso wie in Deutschland aggregieren sich Interessen in den USA in Unternehmens-, Arbeitnehmer-, Berufs- und Agrarverbänden und Bürgerinitiativen, die breite Interessen (zum Beispiel Umweltschutz) oder „single issues“ (zum Beispiel die Waffenbesitzerlobby der National Rifle Association (NRA)) vertreten können. Anders aber als in Deutschland stehen Verbände in einem weitgehend freien Wettbewerb, ohne dass der Staat oder Parteien einseitig bestimmte Verbände bevorzugen oder sogar offiziell in den Gesetzgebungsprozess einbinden. Zudem verlief die Entwicklung vieler Verbände deutlich später als in den USA, was zu dem sehr fragmentierten und heterogenen Wesen der Interessenorganisationen insgesamt geführt hat. So sind Gewerkschaften teilweise deutlich liberaler als in Europa und auch andere Verbände existieren redundant und nehmen eine Vielzahl von Stellungen ein.